Lieber Moritz, GCA ist eine globale Organisation, entstanden aus dem Merger zwischen Altium in Europa und GCA aus Asien und Nordamerika – eine erfolgreiche Transaktion?
Der Merger war im Jahr 2016, knapp zwei Jahre bevor ich zu GCA kam. Meines Erachtens war und ist es ein äußerst erfolgreicher Zusammenschluss. Für Altium, bis dahin eine europäische M&A Boutique, war dies der logische Schritt hin zu einer globalen Investment Bank. Übrigens, im April 2020, also zum Höhepunkt der Marktunsicherheit, haben wir Stella EOC, eine führende Tech und Media Boutique u.a. mit Präsenz in Skandinavien, akquiriert. Das ist schon jetzt – nur sechs Monate später – ein großer Erfolg. Mittlerweile haben wir 25 Büros in 14 Ländern weltweit.
GCA steht für eine hohe Kompetenz vor allem bei M&A-Deals in Branchen, die im derzeitigen Marktumfeld profitiert haben. Merkt ihr das?
Ganz klar, unsere Schwerpunktbranchen sind Software, Industrial Tech & Services, Consumer & Retail, und Healthcare. Fast durchweg Industrien, die zumindest keinen Abschwung erleben. Im deutschsprachigen Raum ist unsere aktuelle Transaktionstätigkeit – nach einer kurzen Schockstarre im März und April – wie auch die Pipeline für 2021 höher als im vergangenen Jahr. Zum einen, weil die Unternehmen gute operative Ergebnisse liefern, zum anderen aber auch, weil Finanzinvestoren zunehmend branchenfokussierter auftreten, und dementsprechend mehr in gerade diese Verticals investieren. Dazu haben wir durch unser Debt Advisory Team auch eine starke Positionierung bei allen Themen rund um Finanzierung, was auch für gesunde Unternehmen in dieser volatilen Marktphase relevant geworden ist.
Wie erlebt ihr die Retail-Branche – ist das wirklich ein Corona Profiteur?
Der Lockdown hat kurzfristig keinem stationären Einzelhändler geholfen – das ist offensichtlich. Aber das Konsumverhalten ist unverändert hoch und hat den Trend hin zu eCommerce beschleunigt. Das Interesse von Private Equity für eCommerce und Multichannel-Konzepte hat in den vergangenen Monaten merklich zugenommen, nachdem wir in den vergangenen Jahren doch eine gewisse Zurückhaltung der Investoren für diese Branche registriert hatten.
„Ich habe kürzlich einen Verkaufsprozess abgeschlossen, ohne dass ein physisches Treffen stattgefunden hat. Das ist die aktuelle Prozessrealität.“
Wie könnt ihr in Zeiten wie diesen die Prozesse effizient und erfolgreich durchführen?
Ich habe kürzlich einen Verkaufsprozess abgeschlossen, ohne dass ein physisches Treffen zwischen strategischem Käufer und meinem Mandanten stattgefunden hat. Das ist die aktuelle Prozessrealität. Solch eine Situation erfordert ein anderes Prozessmanagement, Beispiel Managementpräsentation: man muss versuchen, eine gewisse Haptik auch virtuell darzustellen und die Gegenseite motivieren, Fragen zu stellen, um so die Interaktion und den Dialog zu intensivieren. Interessanterweise erleben wir, dass Prozesse zu einem gewissen Grad sogar effizienter geworden sind: Videokonferenzen lassen sich deutlich schneller und unkomplizierter organisieren als ein Treffen vor Ort.
Bei aller Technologie-Kompetenz, sind dann bei GCA auch alle internen Prozesse komplett digitalisiert?
Wir sind mindestens mal nicht hinterher, aber sehen weiterhin Potential, Prozesse zu digitalisieren: innerhalb der Organisation, Beispiel CRM Systeme und effiziente Teamkommunikation, wie aber auch im Rahmen des Prozesses: welche Aspekte können digitalisiert werden, um den Stakeholdern, ob Investor, Mandant oder Berater eines Prozesses mehr Zeit für die wesentlichen Themen der Transaktion zu ermöglichen. Situationen wie COVID-19 beschleunigen auch bei uns den Trend zu weiterer Digitalisierung.
„Situationen wie COVID-19 beschleunigen auch bei uns den Trend zu weiterer Digitalisierung.“
Welche Transaktion macht Dich besonders stolz und warum?
Jede abgeschlossene Transaktion ist etwas Besonderes, auch nach so vielen Jahren im Geschäft. Eine meiner schnellsten Transaktionen bleibt besonders im Gedächtnis: einen Tag vor Beginn der Marktansprache erhielten wir von einem strategischen Interessenten die Mitteilung, dass mein Mandant sein Prio 1 Akquisitionstarget sei und sie innerhalb von 2 Wochen die Transaktion abschließen können. Dies haben wir in einem Kraftakt, u.a. mit 48 Stunden beim Notar, geschafft. Mit dem Gründergeschäftsführer bin ich heute noch gut befreundet, und sein Unternehmen wurde als Teil einer größeren Organisation erfolgreich weiterentwickelt.
Abseits vom allgegenwärtigen COVID – welche Themen treiben dich gerade am meisten um?
COVID ist allgegenwärtig – ob wir wollen oder nicht, und betrübt trotz aller Erfolge die allgemeine Stimmung. Trotzdem ist es beruhigend zu sehen, dass alles irgendwie weitergeht und auch M&A in gewisser Form ein krisenresistentes Geschäftsfeld ist. Abseits des Berufs treibt mich vor allem um, wie ich meine 4 Kinder jeden Tag aufs Neue bändige.