Ralf Presber | PERICON Unternehmensberatung GmbH 

Diesen Artikel Teilen

7 Fragen an Ralf Presber, Geschäftsführer von PERICON

Lieber Herr Presber, neben Ihrer Berater-Tätigkeit bei PERICON, nehmen Sie eine aktive Rolle im Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) ein. Sie sind im Vorstand des Fachverbandes Unternehmensführung + Marketing und leiten den Arbeitskreis „Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP)“ Was verbirgt sich dahinter und was ist der Grund für eine Überarbeitung der GoP?

Der BDU organisiert sich u.a. durch Fachverbände. Zu bestimmten übergreifenden Themen werden Arbeitskreise ins Leben gerufen, die sich aus Delegierten der unterschiedlichen Fachverbände zusammensetzen. Der BDU gibt dann sogenannte “Grundsätze” heraus, an denen sich die Mitglieder orientieren. Die zunehmend schwierigere Situation vieler Unternehmen hat den Bundesverband Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) dazu veranlasst, die Grundsätze ordnungsgemäßer Planung (GoP) im April 2022 zu überarbeiten. Die GOP-Neuauflage berücksichtigt die neuen gesetzlichen Vorgaben bei der Unternehmensplanung.

Was sind die wesentlichen Änderungen im jüngsten Update der GoP im April 2022?

Aufgenommen wurden Handlungsempfehlungen für den Einsatz von massenbasierenden Methoden, wie `Predictive Planning & Forecasting` oder auf Künstlicher Intelligenz basierende IT-Systeme, um Planungsgrundlagen bzw. -daten zu erhalten. Deren Arbeitsweise sind verständlich zu beschreiben und der Unternehmensplanung beizufügen. Weiterhin sind nun auch stärker die Anforderungen an eine nachhaltige Unternehmensentwicklung einbezogen worden. Nachhaltigkeitsrisiken müssen im Rahmen der Planung erfasst und insbesondere die durch volkswirtschaftliche Risiken drohenden Wirtschaftskrisen und ihre Auswirkungen für das Unternehmen benannt werden. Und: Das Kapitel Kennzahlen wurde erweitert, um speziell kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) einen Anreiz zu verschaffen, um ein eigenes Kennzahlensystem einzuführen.

Jedes Unternehmen ist einzigartig. Wie können dort gemeinsame GoP bestehen?
Die GoP geben die „Leitplanken“ vor, innerhalb der Planer sich bewegen soll. D.h. die methodisch korrekte Erstellung der Planung mit ihren Bestandteilen wird reglementiert. Abweichungen hiervon sind möglich, müssen aber begründet werden. Die Planung selbst ist individuell auf das Unternehmen auszurichten. Von der strategischen Planung ist in die operative Planung überzuleiten.
„Traditionell sind Unternehmen im „small cap“ Segment in unsicheren Zeiten wesentlich zurückhaltender als größere Unternehmen.“
Gerade bei KMU ist die Transparenz des Zahlenwerks oftmals gering. Was sind die Mindestanforderungen an eine Planung?

Basierend auf den gesetzlichen Grundlagen und Grundsätzen sollte eine integrierte Unternehmensplanung eine interne und externe Analyse vorangehen. Die hierbei gewonnen Erkenntnissen lassen sich in einer SWOT Analyse zusammenfassen. Sie bildet damit auch die Basis für die Ziel- und Strategiedefinition. Ihr folgt die strategische Planung.

 

Es wird empfohlen Szenarien zu entwickeln, die unterschiedliche Strategien abbilden und damit der Unternehmensleitung eine Entscheidungsvorlage mit Handlungsalternativen aufzeigen. Durch eine integrierte Planung – d.h. Erfolgs-, Finanz- und Bilanzplanung sind in sich verknüpft – können beispielsweise unterschiedliche Liquiditätsentwicklungen dargestellt werden. Mit Hilfe einer Ratingsimulation wird bestimmt, wie wahrscheinlich eine Finanzierung durch Kreditinstitute ist.

 

Der Dokumentation der operativen Planung kommt große Bedeutung zu, da die Unternehmensleitung aber auch die Eigen- und Fremdkapitalgeber diese nachvollziehen und beurteilen müssen. Je glaubwürdiger die Planungen sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die richtigen Entscheidungen getroffen und die Finanzierungspartner das Vorhaben begleiten werden.

 

Die Klassifizierung und Bewertung der unternehmensspezifischen Risiken bzw. die Implementierung eines Risikomanagementsystems zur Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement ist ohne eine integrierte Planung mit Sicht auf die Bilanz-, Finanz- und Erfolgsentwicklung eines Unternehmens nicht möglich. Die Unternehmensplanung wird erst dadurch zu einem integrativen Bestandteil des unternehmensinternen Risikomanagementsystems, wenn die Unternehmensplanung durch Soll-Ist-Vergleiche und regelmäßige Forecasts flankiert wird. Es ist Auffassung des BDU, dass erst dann die gesetzlichen Pflichten zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement gemäß § 1 StaRUG erfüllt werden können.

 

Dafür sind verschiedene Kennzahlen der Früh- und Spätindikatoren am besten geeignet. Zusammengefasst zu Kennzahlsystemen und an die Gegebenheiten des Unternehmens angepasst, sind diese darauf ausgerichtet, erste Anzeichen einer Unternehmenskrise frühzeitig zu erkennen. Somit kann die Geschäftsleitung rechtzeitig geeignete Maßnahmen zur Krisenprävention ergreifen und Illiquidität oder Insolvenz verhindern.

Viele junge Unternehmen erzielen in Finanzierungsrunden sehr hohe Bewertungen. Wie ist dies noch durch eine seriöse Planung zu rechtfertigen?

Das hängt auch von der Reputation und Glaubwürdigkeit der Gründer ab. Die Attraktivität des Marktes und die Innovation der Produkte /Dienstleistungen sind von entscheidender Bedeutung, also die Phantasie. Rational bildet die Planung die Basis für die Unternehmensbewertung. Ob allerdings den Planansätzen bedingungslos gefolgt werden kann ist fraglich und hängt von der Dokumentation ab. Häufig werden bei Startups neben der Discounted Cash Flow Methode die Venture Capital Methode oder die Berechnung über von Multiples herangezogen. Die beiden letzten Verfahren sind leicht anzuwenden und stellen einen groben Orientierungswert dar.

Welche Rolle spielen Technologie und digitale Tools in der Planung und Unternehmensbewertung?
Eine zunehmende Rolle spielt die Digitalisierung bei der Planung. Daten werden aus dem Rechnungswesen, CRM, ERP und anderen Systemen in die digitale Planungstools – ab einer bestimmten Unternehmensgröße – eingelesen. Dabei ist es wichtig, die richtigen Daten einzulesen und das Prozedere zu dokumentieren. Digitale „Unternehmensbewertungen“ können einen Orientierungswert darstellen, aber keine professionelle Bewertung ersetzen. Deshalb sollten sie als solche auch nicht bezeichnet werden.
„Rational bildet die Planung die Basis für die Unternehmensbewertung. Ob allerdings den Planansätzen bedingungslos gefolgt werden kann ist fraglich und hängt von der Dokumentation ab.“
Zuletzt liest man häufig, dass sich die Großwetterlage für M&A-Deals verschlechtert. Was ist Ihre Prognose für das M&A-Jahr 2022?

Zum Jahresbeginn wurde dem M&A Markt in Deutschland noch gute Aussichten vorhergesagt. Inzwischen prägen steigende Zinsen und Steuern sowie eine höhere Inflation die Wirtschaft. Dadurch werden Hürden für M&A-Transaktionen aufgebaut. Ferner sind Unterbrechungen in den globalen Lieferketten zu beobachten. Für 2022 sind je nach Branche und Betroffenheit insbesondere im verarbeitenden Gewerbe mehr vertikale Akquisitionen zu erwarten, die eine ausreichende Verfügbarkeit wichtiger Rohstoffe und Komponenten absichern. Die Prognose von einer Immobilienkrise dürfte auch das Bauhaupt- und Baunebengewerbe zu spüren bekommen. In den gängigen Portalen sind die Multiplikatoren auf breiter Front rückläufig. Auch muss zwischen den Unternehmensgrößen stark differenziert werden. Traditionell sind Unternehmen im „small cap“ Segment in unsicheren Zeiten wesentlich zurückhaltender als größere Unternehmen.

Kai Hesselmann

Kai Hesselmann

Kai ist Co-Founder und Managing Partner von DealCircle.
Diesen Artikel Teilen
Käufer
Zusammen mit Markus Exler, Florian Korp und Christian Gerloff haben wir ein informatives Webinar hierzu gehostet.
Käufer
In dieser Folge von Close The Deal spricht Dirk Sahlmer über Bewertungen von SaaS-Unternehmen.
Käufer
Diesmal bei Close The Deal gibt Philippe Bull Einblicke hinter die Kulissen von Mid & Large Cap M&A.
Käufer
Unsere Masterclass beim OMR Festival 2023 über Unternehmensnachfolge im Vergleich zur Neu-Gründung.
Käufer
In dieser Folge von Close The Deal geht Martin Schwarzer auf M&A in der Automotive Industrie ein.
Käufer
Diesmal bei Close The Deal sprechen Matthias Feistel und Martin Groschke über Unternehmertum durch Übernahme.